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Mehr bringt mehr? – Drei Irrtümer in jedem Stressmanagement Workshop

In der letzten Woche durfte ich wieder einmal gestresste Menschen begleiten im Stressmanagement Workshop “Achte auf dich – Achtsamkeit zur Stressbewältigung”.

Es sind 8 Frauen aus klassischen “Stress”-Berufen, in denen hoher Einsatz gepaart ist mit knapper Zeit, knappem Budget, engem Spielraum, präzisen Zeitplänen: Gesundheitswesen, Verwaltung, Kindertagesstätte, Fluggesellschaft. Dazu kommen Familie und Kinder in Altersphasen, in denen Eltern besonders gefordert sind und werden. Kurzum: Menschen, die hoch engagiert sind und viele Bälle jonglieren.

Voller Tag. Voller Einsatz. Leerer Akku.

Die Bewältigungsstrategie der meisten Menschen, wenn der Tag irgendwie zu wenig Stunden hat: Mehr Anstrengung. Noch mehr von sich fordern. Noch mehr unterbringen durch “noch bessere Organisation”. Es ist die große Milchmädchenrechnung unserer Zeit – mehr Anfordrung verlangt halt mehr Power.

Stress-Irrtum 1: Mehr Anstrenung führt zu mehr Leistung!

Schaut man sich die Forschung zu diesen Themen ist klar: Das stimmt bis zu einem gewissen Grad. Wenn wir gut bei Kräften sind, bringt mehr Einsatz auch mehr Ergebnis. Wenn wir den Bogen allerdings überspannen, fällt unsere Leistung ab, je mehr wir uns anstrengen. Der Wendepunkt liegt paradoxerweise auf der Höhe unserer Leistungskurve. Wie man dort bleibt? – Pause machen, und zwar bevor wir anfangen zu ermüden. Diese Pause muss nicht lang sein: Aufstehen, Beine vertreten, einen Tee holen. Nach 5 Minuten geht es vielleicht schon weiter, und das nächste Leistungshoch kann kommen. Verpassen wir jedoch das goldenen Fenster für eine kurze Erholung, weil wir “grad noch schnell” etwas fertig machen wollen, erreichen wir nie wieder unser vorheriges Leistungsniveau. Also, genau wie auf der Party: Gehen, wenn es am schönsten ist – und dann wieder durchstarten. So kann man lange durchtanzen.

Stress-Irrtum 2: Erst mal die E-Mails checken!

Unsere Leistungsfähigkeit schwankt im Laufe eines Tages. Vormittags erreichen wir gegen 10 – 11 h ein Hoch, nachmittags haben wir gegen 15 – 16 h noch eines. Nun beginnen die meisten Menschen ihren Arbeitstag damit, E-Mails zu checken, Nachrichten (auch Zeitung) zu lesen, Kleinkram zu erledigen oder ein paar Telefonate zu erledigen. Auch Meetings, Handwerker- oder Arztermine tummeln sich gerne auf den besten Plätzen. So verschleudern wir die effizienteste Zeit unseres Arbeitstages und beladen unseren Arbeitsspeicher im Gehirn mit vielen kleinen Informationen, statt den morgens und nach der Mittagsruhe noch freien Geist für wirklich kreative Leistung einzusetzen. Schade! Also: Diese Zeit fett im Kalender blocken, Tür zu, das “Bitte nicht stören”-Schild raushängen und Leute, die trotzdem “ja nur mal schnell was fragen” wollen, freundlich auf selbiges hinweisen – und rausschmeißen. Nur so etabliert sich, dass wir um diese Zeit einen einzigen Termin haben: Den mit uns selbst und den Aufgaben, die uns wirklich voranbringen.

Stress-Irrtum 3: Mit Multitasking bringt man mehr unter!

Denken Sie bitte mal an Ihren rechten großen Zeh. Und jetzt an Ihren rechten Daumen. Und jetzt bitte an beides gleichzeitig… – Hä!? Genau. Unsere Aufmerksamkeit pendelt dann zwischen beidem hin und her. Aber wir können uns nicht gleichzeitig voll auf beides konzentrieren. Egal, was man Ihnen je erzählt hat: Multitasking gibt es nicht im Gehirn. Es gibt sequenzielles Single-Tasking. Dabei muss unser Geist jedes Mal wieder neu auf die jeweils andere Aufgabe fokussieren. Ganz ähnlich wie die Kamera an Ihrem Smartphone, die kurz Zeit braucht, um scharf zu stellen, wenn Sie ein neues Motiv anvisieren. Dieses ständige Umfokussieren kostet unser Gehirn sehr viel Energie. Und die ist nicht unbegrenzt vorhanden. Irgendwann können wir immer schlechter bei einer Sache bleiben, schalten immer langsamer, blenden Unwichtiges nicht mehr aus. Die Aufmerksamkeit zerfleddert – Sägeblatt-Effekt nennt man das. Also: Viele Dinge gleichzeitig machen zu wollen ist kein Zeichen von Fitness. Sondern der sichere Weg zur Stress-Demenz. Ja, Stress macht doof. Auf lange Sicht übrigens richtig physiologisch, denn bei Dauerstress löscht unser Gehirn allmählich Bewältigungsstrategien, die aus seiner Sicht offenbar den Stress nicht beenden.

Also: Langer Atem statt brennende Sprinter-Lunge

Phasen intensiver Anstrengung und erhöhter Belastung sind in unserem Leben normal und auch gar nicht schlecht. Es kann sogar Spaß machen, eine Weile alles zu geben und so richtig im Arbeitsrausch zu sein. Aber das Dauer-Hamsterrad sieht nur von Innen aus wie eine Karriereleiter – alle wirklich erfolgreichen Menschen bauen Erfolg über Jahre auf. Und dafür brauchen wir langen Atem, statt uns in kurzer Zeit abzuhetzen. Wer außer Puste ist, leistet nämlich gar nichts mehr. Wir sollten also selbst für frischen Wind und Atempausen sorgen, bevor unser Körper uns dazu zwingt. Lernen, Dinge zu priorisieren, auszuwählen und auszusortieren, und unsere begrenzte Energie sinnvoll und optimal zieldienlich einzusetzen, ist ein Zeichen von Resilienz.

Resilienz – Das wollen Sie auch lernen?

Dann darf ich Sie vielleicht in meinem nächsten Stressmanagement Workshop begrüßen! Ich freue mich auf Sie.

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